ein unheimlicher Weg


Es ist Dunkel
 

Es ist Dunkel. Vor mir liegt ein schmaler, dunkler und unheimlicher Weg.Vielleicht neunzig oder hundert Meter lang. Links und rechts neben dem Weg befinden sich Bäume, Sträucher und jede Menge Unkraut. Der Weg wird, außer vom Mondschein und von den Straßenlaternen der anliegenden Straßen nicht beleuchtet, aber wenn es Tag ist, stört das niemanden.


Dieser Weg ist hier im Ort eine gute Abkürzung um zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zu gelangen und da ich in Eile bin, bin ich für jede Abkürzung, die ich nehmen kann, dankbar. Vereinzelt ziehen Wolken am Mond vorbei und der Weg verdunkelt sich vorübergehend.

Ich bin mir nicht sicher ob ich die Abkürzung wirklich nehmen soll, denn der Wind lässt in den Sträuchern, links und rechts neben mir, die Blätter rauschen. Hier und da knacken die Zweige im Unterholz und ein leichtes Angstgefühl schleicht sich in mir hoch. Vorsichtig, nicht ahnend was dieser Weg für mich an Überraschungen bereithält, setze ich langsam einen Fuß vor dem anderen. 
Was war das? Höre ich dort nicht Schritte hinter mir?

Ängstlich drehe ich mich um, kann aber niemanden entdecken. Weiter setze ich einen Fuß vor dem anderen, während die Angst, jemand könnte wirklich hinter mir sein sich immer stärker in meine Gedanken manifestiert.Und mit jedem Schritt scheint es mir deutlicher, dass noch andere Schuhe ihr klackern auf dem Weg hinterlassen. Klack, klack, klack.

Ich bleibe stehen. Die Schritte, die ich zuvor noch allzu deutlich hören konnte, sind verstummt. In meinem Kopf entsteht ein Bild: eine dunkle Gestalt steht keine drei Meter von mir entfernt. Nur zu deutlich kann ich die Gestalt sehen:
Schwarzer Mantel, schwarze Jeans, schwarze Schuhe, eine schwarze Mütze, die nur die Augen und die Lippen unbedeckt lässt. Die Gestalt trägt Handschuhe. Während die linke Hand locker an der Hüfte positioniert ist, verschwindet die rechte in die Innentasche des Mantels, um...
Meine Phantasie wird unterbrochen, als ich meinen Blick wie in Trance erneut nach hinten richte. Doch der Weg ist Menschenleer.

Nachdem ich meinen Blick wieder Richtung Ende des Weges richte, erscheint mir der Weg um das doppelte länger als zuvor. Ich muss mich beruhigen und denke: Mensch, das ist lächerlich, da ist niemand hinter dir! ... und beginne damit, meinen Weg wieder aufzunehmen. Aber die Angst schleicht sich erneut ein und mir wird bewusst, das ich mein vorheriges Schritttempo gesteigert habe. Immer wieder sage ich mir das dort, hinter mir, niemand ist. Doch die Schritte, die ich vor ein paar Metern gehört habe dringen wieder in meinen Geist ein und ehe ich mir darüber klar bin, fangen meine Füße immer schneller an zu gehen. Meine Atmung rast, mein Herzschlag schlägt schnell und so stark in meiner Brust, das ich glaube, jeder könnte es hören.

Der Wind bläst jetzt stärker und für einen Augenblick ist der Mond vollkommen bedeckt und der Weg somit nur durch die angrenzenden Straßenlaternen in ein unheilvolles Licht gehüllt. Das rauschen der Blätter und das knacken im Unterholz dröhnen jetzt in meinen Ohren. Das Gefühl für Zeit hat mich verlassen. Ich habe den Eindruck schon stundenlang auf diesem schmalen Weg zu sein.

Das Tempo der fremden Schritte hat sich den meinem angepasst. Hastig drehe ich mich ein weiteres mal um. In der Versuchung, es so spontan wie möglich wirken zu lassen, um meinen Verfolger nicht zu warnen. Da ich auch dieses mal niemanden hinter mir ausmachen kann, nehme ich meine ganz Kraft und meinen ganzen Mut zusammen und sprinte den letzten Teil des Weges, der mir unendlich weit erscheint, in panischer Angst. Ich kann die Strasse am Ende des Weges sehen. Schnell renne ich weiter, dabei immer wieder den Blick nach hinten richtend, denn die fremden Schritte werden immer lauter.
Endlich! Nur noch drei Schritte bis die Strasse erreicht ist.

Plötzlich sind die Schritte hinter mir verstummt. Eine Frau, die ihren Hund Gassi führt sieht mich fragend und bereit einzugreifen, an. Ein letztes mal richte ich meinen Blick hinter mir, den dunklen, schmalen Weg entlang. Beruhigt stelle ich fest, das ich doch nicht verfolgt werde. Abgehetzt und mir darüber im klaren, dass die Schritte, die ich gehört habe, lediglich meine Schritte waren, fange ich an, über mich selbst zu lachen.

Die Frau mit ihrem Hund lächelt mir zu und in der Ferne kann ich meine Bahn fahren sehen.

© D. Helleberg